Ein Füllhorn an Kultur und Schokolade
Dresden startete im Oktober mit einer Pressekonferenz im Bürgeramt Leuben und erklärte sich dabei assistenzhundfreundlich. Die Stadt verpflichtete sich, öffentliche Einrichtungen mit dem Aufkleber “Assistenzhund willkommen” zu versehen, änderte die Hausordnungen, indem klargestellt wurde, dass das allgemeine Hundeverbot Assistenzhunde nicht betrifft. Es ergab sich ein reger Informationsaustausch zwischen allen Anwesenden. Es berichtete die “Morgenpost”, Sachsenfernsehen, Radio Dresden und die Pressestelle der Stadt Dresden.
Die Altstadt Dresden wurde von uns auf Assistenzhundefreundlichkeit getestet, so weit die Pfoten und Füße bei sonnigem Herbstwetter trugen. Beim Einlass in die Frauenkirche kam es kurz zu Irritationen, wer jetzt eigentlich blind und/ oder behindert sei. Die Situation hatte etwas Komisches und dürfte weniger mit den Assistenzhunden zu tun gehabt haben, als mit der Tatsache, dass man uns unsere Behinderung einfach nicht sofort ansieht. Eine Zutrittsbarriere bestand nicht.
Das Schokoladenmuseum nahmen wir uns vor, weil wir besondere hygienische Anforderungen vermuteten. Tatsächlich fiel das Hundeverbotsschild sofort ins Auge. Wir betraten den Laden, von dem aus es ins Museum ging. Eine Mitarbeiterin holte schon Luft, sah auf unsere beiden Assistenzhunde, atmete aus und erklärte dann den Mitarbeitern, dass diese Hunde doch hinein dürften. Dann erlebten wir sehr freundliches Personal. Es wurde unaufdringlich Hilfe angeboten, die wir wirklich dankbar annahmen. Das Museum lohnt sich auf alle Fälle. Der Chefin erklären wir später, warum wir in der Stadt sind und wie gut es im Museum mit dem Zutritt geklappt hätte. Gemeinsam bringen wir den “Assistenzhund willkommen” Aufkleber neben dem Hundeverbotsschild an.
Am Abend waren wir mit dem DEHOGA Chef von Sachsen, Axel Klein, im Maritim Dresden, einem denkmalgeschützten Speicher mit offener Gastlichkeit, verabredet. Ja, die Problematik mit dem Zutritt in Hotels und auch Restaurants beschäftigte uns sehr. Herr Klein nahm uns mit seiner Energie positiv mit, setzte auf Aufklärung, bot seine Reichweite an, unsere Zutrittskampagne zu unterstützen, und hatte gleich sein Kreativteam mitgebracht. Wir nahmen das Angebot dankbar an. Als wir spät an diesem Abend aufbrachen, waren wir angefüllt mit Plänen und Ideen. Und zum Abschied kam das schönste Kompliment von der Bedienung: “Die Hunde merkt man wirklich gar nicht.”
Wir konnten im Oktober nicht alle wichtigen Gespräche wahrnehmen, wollten sie aber auch nicht ausfallen lassen und beschlossen, dass wir zurückkommen werden. Zu wichtig war uns das Anliegen. So kehrten wir Anfang Dezember zurück.
Im Staatsschauspiel Dresden sind wir mit Frau Fuchs, Leiterin der Theaterpädagogik und Frau Blech, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit verabredet. Dass Assistenzhundeteams ins Theater dürfen, ist hier gar nicht die Frage. Es geht eher darum, welche Plätze geeignet sein könnten, woran man überhaupt einen Assistenzhund erkennt und was es eigentlich für Assistenzhunde gibt. Auch im Staatsschauspiel wird der Aufkleber für alle sichtbar angebracht und wir versprechen, dass wir irgendwann mal zu einer Vorstellung kommen werden. Und wirklich checken wir schon am Abend die Kalender, weil wir so Lust auf Kultur verspüren, wenn wir willkommen sind und es keine Zutrittsbarriere zu überwinden gilt.
Am Nachmittag weht uns eiskalter Dezemberwind um die Ohren, als wir zur Semperoper aufbrechen. Unser Ziel ist es, Bedenken anzuhören, sie auszuräumen und ein Gefühl des Willkommenseins zu schaffen. Wir sind am Bühneneingang mit Herrn Wollmann verabredet. Gemeinsam gehen wir in den wunderschönen historischen Bau und treffen dort auf Johann Casimir Eule (Chefdramaturg und stellvertretender Intendant), Jan Seeger (Technischer Direktor), Stefan Wollmann (Leiter Kommunikation und Marketing), Oliver Bernau (Pressereferent Oper und Ballett) und Heike Jensen (Leiterin Einlasspersonal). Wir erklären erst einmal, warum wir da sind und dass das Gesetz das eine und Aufklären und miteinander ins Gespräch kommen das andere ist. Auch hier geht es um die Frage, woran man einen Assistenzhund erkennt, was es für verschiedene Assistenzhunde gibt und welcher Sitzplatz geeignet sein könnte. Aber es geht auch um Tierschutzfragen: Was ist zu laut, was ist zu lang, wo kann der Assistenzhund in der Pause seinen Geschäften nachgehen usw. Es ist ein sehr wohltuendes Gespräch mit gegenseitiger Achtung und Wertschätzung. Die Semperoper vermerkt besondere Lautstärken, Knallgeräusche u.ä. auf ihrer Seite.
Wir bitten Menschen mit Assistenzhund darum, sich dazu genau zu informieren und realistisch einzuschätzen, ob ihr Assistenzhund das entspannt hinnehmen kann. Auch Hunde kommen in manchen Stücken auf der Bühne vor. Dass Mascha und Daika während der ganzen Zeit demonstrieren, was einen Assistenzhund ausmacht (komplett unauffällig sein und auf den menschlichen Partner fokussiert), ist das Argument, das am Ende am meisten zählt. Diese Hunde mischen keine Vorstellung auf und stören niemanden. Sie machen ihre Arbeit und ruhen in sich. Sie sind nicht gestresst und nicht überfordert. Und wir Halter sind am allermeisten um ihren Schutz und ihr Wohlergehen bemüht. Als wir die Oper wieder verlassen, dämmert es schon. Es ist noch kälter, geworden, aber wir vergessen die Mütze aufzusetzen, weil wir so froh sind. Die Semperoper ist nicht irgendein Opernhaus in Dresden, sie ist eine Institution für jeden Kulturfreund. Und nun ist sie auch für Assistenzhundeteams barrierefrei. Danke!
Am nächsten Morgen sind wir im militärhistorischen Museum verabredet. Uns empfängt ein atemberaubender Bau und kaum, dass wir durch die Tür sind, auch Frau Schnee. Wir reden lange über Assistenzhunde und woran man sie erkennt, über Einsatzschädigungen von Angehörigen des Militärs und die Hilfe durch Assistenzhunde und die Herausforderungen, Museen barrierearm zu gestalten. Es ist ein gutes Gespräch. Wir wollen voneinander erfahren, wo die Schwierigkeiten und Lösungsideen gesehen werden. Später kommt ein Filmteam dazu. Was uns besonders im Gedächtnis blieb? Da dachten wir, wir sind inzwischen Profis im Interview geben und dann kam die Frage so unverhofft, dass die Stimme brach und die Augen feucht wurden, weil die Antwort sofort auch die Endlichkeit der gemeinsamen Zeit in sich trägt. „Was bedeutet dir dein Assistenzhund?“
Wir lassen die Hunde eine Runde toben, atmen durch. Es ist schon dunkel, als wir im Rathaus mit dem Leiter des Gesundheitsamtes verabredet sind. Wir sprechen lange, wir ringen um Lösungen und gehen müde aus dem inzwischen stillen Rathaus zum Auto. Manchmal brauchen Lösungen Zeit. Es ist nicht das erste Mal, dass wir am Gesetz zweifeln. Ohne Restriktionen für Zutrittsverweigerungen ist es ein zahnloser Tiger. Nein, wir wollen nicht frustriert sein. Manchmal brauchen Lösungen Zeit.
Die Stadtverwaltung Dresden heißt Assistenzhunde offiziell in ihren Einrichtungen willkommen. Zu erkennen ist dies am Türaufkleber “Assistenzhund willkommen”, wie es ihn zum Beispiel am Bürgerbüro Leuben gibt. Diesen ersten Aufkleber brachten heute, Montag, 23. Oktober 2023, die Beauftragte für Menschen mit Behinderungen und Seniorinnen und Senioren Manuela Scharf, die Bürgerbüroleiterin Kristina Löscher gemeinsam mit Pfotenpiloten-Botschafterinnen Dr. Hannah Reuter und Manja Maserati an.
Hier weiterlesen: https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2023/10/pm_051.php
Am 23. Oktober 2023 haben wir in unserem Stadtteil Leuben in Dresden im Bürgerbüro den ersten Aufkleber “Assistenzhunde willkommen” angebracht. Der Anfang ist gemacht und ich freue mich auf alle weiteren Termine mit den Pfotenpiloten. Die gesetzlichen Verbesserungen zum Mitführen von Assistenzhunden müssen noch viel bekannter werden als bisher und dazu trägt das Projekt bei. Wir machen sehr gerne mit und bleiben dran.
Manuela Scharf, Beauftragte für Menschen mit Behinderungen und Senior/innen, Landeshauptstadt Dresden
Die Aktion „Assistenzhundfreundliche Kommune“ wurde ermöglicht durch Förderung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und der Aktion Mensch.
@Aktion Mensch, #AktionMenschGefördert, #AssistenzhundWillkommen, #1BarriereWeniger, #OrteFürAlle #Barrierefreiheit. #Inklusion, #Assistenzhund