Es ist ein Spätsommertag, der noch nicht so recht weiß, wo er hin will, als ich mich mit Herrn Havlik, dem Geschäftsführer der Messelgrube treffe, um mit ihm über Assistenzhunde und Kultur und allgemein über Barrieren zu reden, die sich vielleicht einfach beseitigen lassen.
Zunächst wundert mich etwas die Architektur des Besucherzentrums, aber Design ist ja oft verhandelbar. Herr Havliks Herzlichkeit lädt uns auf die Terrasse zum Gespräch. Wir rennen die sprichwörtlichen offenen Türen ein und haben sofort einen Partner für unsere Ideen am Tisch. Die schroffe Architektur verdankt das Besucherzentrum einer schon fast fertig gestellten Mülldeponie, die die Grube mal werden sollte. Es wäre die größte Mülldeponie Hessens gewesen. Damit wären einzigartige fossile Funde verloren gewesen. Bürger haben sich dem in den Weg gestellt. Eine Bürgerinitiative hat es nach vielen Jahren geschafft, dass nicht ein Gramm Müll in die wertvolle Grube fiel, auch wenn die Infrastruktur ringsherum schon fertig gestellt war. Ich bin beeindruckt. An diesen Zustand werde ich mich an diesem Nachmittag gewöhnen.
Herr Havlik ist seit einem Jahr Geschäftsführer und wenn er über das Besucherzentrum, die Grube und das weitläufige Gelände erzählt, tut er dies mit Begeisterung. Es gebe viel zu tun. Die ersten Pläne werden gerade umgesetzt. Der neue Spielplatz wird die kleinsten Besucher demnächst erfreuen. Manchmal hapert Barrierearmut an einer schon lang defekten Beleuchtung (die er reparieren ließ), oft sind es unnötige Designideen von überteuerten Vitrinen, die vielleicht was fürs Auge sind, aber nicht für praktische Erfordernisse an Ausstellungsflächen oder an einer hypersensiblen Türautomatik…
Herr Havlik möchte das ändern, er sieht den Bedarf und setzt sukzessive um, was bezahlbar ist, stellt Anträge, begeistert Förderer. Und wie steht es mit den Assistenzhunden? Gar kein Problem, findet Herr Havlik. Er fragt nach, was ein Mensch-Assistenzhundteam braucht, wo man unterstützen könnte. Und wir wollen natürlich wissen, was die Teams tun könnten, damit das Miteinander ungestört ist.
Bevor Mascha und ich in den Welterbeexpress steigen, kommen hier unsere Tipps:
- In der Grube (offen) herrscht ein warmes, feuchtes Klima. In den Sommermonaten würden wir die Tour NICHT mit Assistenzhund empfehlen. Wirklich nicht.
- Man kann nur mit einer Führung in die Grube. Der Fußweg ist eine herausfordernde Wanderung mit vielen Höhenmetern und dies bei speziellen Luftdruckverhältnissen. Empfehlen können wir den Welterbeexpress, eine Art Golfcar. Unbedingt den Assistenzhund anmelden, denn der benötigt einen eigenen Platz. Mascha ist nicht groß, aber auch sie benötigte tatsächlich einen Platz. Euer Hund muss es aushalten, in dem Golfcar zu liegen, auch wenn es schaukelt und wackelt und die Beine eines Mitfahrers nah sind.
- Unbedingt Wasser für sich selbst und den Hund mitnehmen. Es wird dort unten ab und zu Leuten blümerant, weil es schwülwarm ist. Unterschätzt das nicht.
- Feste Schuhe sind in der Grube Pflicht.
- Blindenführhundhaltern empfehle ich eine sehende Begleitperson, besonders für den Welterbeexpress. Das Besucherzentrum bekommt gerade eine Audiospur.
- Sehr frühzeitig buchen, die Welterbeexpresstouren sind sehr begehrt.
Die Messelgrube entstand in einem vulkanischen See. Prähistorische Pflanzen und Tiere finden sich in Ölschiefer eingeschlossen und katapultieren uns in eine andere Zeit. Im Besucherzentrum haben wir schon das Miniurzeitpferd bewundert, wie immer auch sein Fell gewesen sein mag, es ist allerliebst.
Im Welterbeexpress fahren fahren wir hinab und unserer Grubenführerin versorgt uns mit interessanten Informationen. Manchmal wird der Weg sehr steil, manchmal sehr schmal…es ist ein wunderbares Abenteuer. Immer mal wieder Wasser trinken, wurde uns geraten. Schließlich dürfen wir selbst in schon durchsortierten Ölschieferplatten nach Abdrücken suchen. Die Damen auf der Bank hinter uns werden fündig, ein prähistorischer Pflanzenabdruck zeichnet sich deutlich ab. Oberhalb der Grube zeigt uns unsere Grubenführerin Exponate von Fundstücken in Epoxidharz gegossen. Wir sind alle total fasziniert. Und schließlich holt sie auch ein Modell eines Urzeitpferdes. Wie niedlich! Mascha versteht nicht ganz, warum es so steif ist, darf sich das aber in aller Ruhe anschauen.
Demnächst wird es eine kleine “Ausgrabungsstätte” für Besucher geben, wo sie im Ölschiefer in Ruhe nach Abdrücken suchen können…wir besprechen schon mal mit Herrn Havlik, wie man da mit Assistenzhund teilhaben kann, ohne dass der mittendrin liegt. Wenn die fertig ist, kommen wir wieder.
Fazit: Dieses Welterbe wird gerade richtig mit Leben gefüllt. Es ist nicht nur Welterbe, sondern wird auch Begnungsraum für alle.
PS: Heute eine kleine Aufgabe für Euren nächsten Besuch: Wer ist Ida?
Herzlichen Dank an die Aktion Mensch, die diese Aufklärungsarbeit möglich macht.